Teil eines Interviews geführt von Wolfgang Weirauch
Zum Buch der Brüder Grandt : Schwarzbuch Anthroposophie (Wien 1997)
Auszug aus "Feldzug gegen Rudolf Steiner", Flensburger Hefte 63
IV/98, ISSN 0932-5859, ISBN 3-926841-88-5, Flensburg 1998
English: Rudolf Steiner: Not a member of the O.T.O.
Deutsche Version: Rudolf Steiner: Niemals Mitglied irgendeines O.T.O.
Traduction française: Rudolf Steiner : Jamais membre d'un quelconque O.T.O.
Dutch version: Theodor Reuss en Rudolf Steiner.
Traduse romana: Rudolf Steiner: Niciodata membru al vre-unui Ordo Templi Orientis.
По русски: Рудольф Штайнер: никогда не был членом какого-нибудь Ordo Templi Orientis.
Online facsimile documents regarding Theodor Reuss and Rudolf Steiner.
Two letters from Theodor Reuss concerning Franz Hartmann / Rudolf Steiner.
"Gestatten, Under-Cover Agent P.R. König" — Ein Interview für die FLENSBURGER HEFTE zum Thema "Feldzug gegen Rudolf Steiner".
"Deserving Death": Hans F. Senkel. Memphis–Misraim in Hamburg.
Theodor Reuss, Rudolf Steiner, Aleister Crowley, early years:
English version: O.T.O. — Early Years and Development.
Deutsche Version: Zur Geschichte des Ordo Templi Orientis.
Versione italiano: Ordo Templi Orientis — I primi anni e la sua evoluzione.
Traduction française: L’ancien O.T.O. et son évolution.
Traduccion castellano: O.T.O. — Original y su Desarrollo.
W.W.: Auf S.123 des "Schwarzbuch Anthroposophie" behaupten die
Brüder Grandt, dass Sie ihnen persönlich geschrieben hätten,
"Steiner war einzig 1906 für ein paar Wochen Mitglied des O.T.O.
(...). Als er erfuhr, worum es beim O.T.O. ging, trat er SOFORT
aus!". Können Sie uns etwas über den Hintergrund dieses Satzes
sagen?
P.R.K.: Nachdem ich zufällig das Grandt'sche "Schwarzbuch
Satanismus" Anfang August 1995 in den Buchhandlungen fand, war ich
empört, dass die Grandts sich in Sachen O.T.O. mehrheitlich auf
meine Publikationen gestürzt und diese dabei völlig verzerrt
zitiert und m.E. in absurde Zusammenhänge gestellt hatten. Meine
Recherchen wollten objektivierende abbildende Darstellungen eines
Teilaspektes des völkerkundlichen Untergrundes des Abendlandes
sein. Ich habe dabei mit ungeheurem Zeitaufwand um jedes Wort
gerungen, um jedes Detail im Bemühen um Wahrheit und Gerechtigkeit
der Vielschichtigkeit des Themas gegenüber. Noch heute brüte ich
manchmal monatelang über einzelnen Sätzen und Wortbedeutungen für
ein kleines Vorwort oder einen Vortrag. Ich ahnte zwar bei meinem
"Das O.T.O.-Phänomen", dass es immer wieder einige "Forscher" und
"Journalisten" gibt, die sich den Fussnoten dieses Buches entlang
angeln würden, habe aber unterschätzt, dass mein konzipiertes
Weglassen offensichtlicher Quellenhermeneutik in diesem einen Buch
der fundamentalistischen Froschperspektive jeglicher Couleur in
die Hand spielt: Was andere Kritiker jedoch als eine Stärke des
Werkes sahen. So erkannte z.B. Joscelyn Godwin, dass ich meine
Ergebnisse "without praise or blame" offenlege.
Nun musste ich also feststellen, dass zwei meiner Bücher von
oberflächlichen selbsternannten Journalisten m.E. ruckzuck zur
Denunziation völlig harmloser Menschen missbraucht worden sind,
ohne dass weder Fachwissen noch Einfühlsamkeit sichtbar geworden
wären. Mein Werk schien vergewaltigt. Ich musste mich fragen, ob
ich nicht selbst irgendwie ein Komplize der Grandts gewesen bin,
indem ich Namen von noch lebenden Personen in meinen Büchern
genannt hatte, die nun Opfer der beiden geworden sind.
Ich möchte mich hier an dieser Stelle bei all denjenigen
entschuldigen, die sich aufgrund der Manipulationen, die die
Grandts anhand meiner Bücher vorgenommen haben, verletzt fühlen.
Ich hatte nie vermutet, dass sich solche "Journalisten" die Namen
der Protagonisten aus meinen Büchern fischen würden, um ihnen
sogar mit ein paar Kameraleuten aufzulauern.
W.W.: Aber wie kamen die Grandts zu diesem Zitat?
P.R.K.: Ich schrieb ihnen Anfang August 1995 einen Brief, in dem
ich u.a. erklärte, weshalb im O.T.O. kein Satanismus praktiziert
wird. Darauf rief mich einer der beiden an und tischte mir ein
paar unglaubwürdige Behauptungen auf; zum Beispiel hätte man mich
vor der Publikation vergeblich zu erreichen versucht (eine
Ausrede, die sie bei einem späteren "Werk" noch einmal anbrachten)
und ihr Verleger hätte das Manuskript bearbeitet, ohne sie selbst
zu benachrichtigen. Ich fragte mich, welche Stellen wohl selbst
dem Verlag zuviel gewesen waren. Obwohl sie behaupteten, sie
hätten jahrelang in "der Szene" recherchiert, haben weder ich noch
andere jemals davon Notiz genommen. Sie gaben dann auch zu, sie
hätten allein in einer australischen Buchhandlung ein Buch von
Crowley mit der Gnostischen Messe drin gefunden; das beweise die
internationalen Verbindungen, da doch dieser Text in Europa nicht
aufzutreiben sei. Dass dasselbe Buch in jeder deutschsprachigen
Buchhandlung seit vier Jahrzehnten auf deutsch erhältlich ist,
liess sie tatsächlich sprachlos werden. Mein Hinweis, dass alle
deutschen O.T.O.-Mitglieder gerichtlich mit Name und Adresse
erfasst seien und sich so nachweisen lasse, dass es deren grad mal
zwei Dutzend sind und nicht tausende, wie die beiden suggerierten,
war komplett an die Wand geredet. Die beiden schienen mir absolut
unzugänglich für Verifikationen und ich wähnte mich in einer
knochentrockenen Realsatire. Ich erwartete schon, Kurt Felix aus
dem Schrank springen zu sehen, um "Versteckte Kamera" zu rufen.
Daraufhin brachte ich den Vorschlag vor, die faktischen Fehler
schriftlich zu korrigieren und fand anschliessend ad hoc ca. 40
verdrehte Zitate, d.h. Verzerrungen und faktische Fehler. Leider
ist mir in diesem zweiten Schreiben vom August 1995 mit den
monierten ca. 40 Fehlern die unwahre Bemerkung herausgerutscht,
Steiner sei für einige wenige Wochen Mitglied des O.T.O. gewesen,
habe aber sofort nachdem er merkte, worum es da ging, seinen
Austritt gegeben. Ich habe diese Behauptung übrigens inmitten des
Satzes mit dem Hinweis unterbrochen, die Grandts sollten das in
meinem Buch "Das O.T.O.-Phänomen" überprüfen. Hätten sie das
getan, wären sie darauf gestossen, dass eine solche Stelle gar nie
vorkommt. Ich übrigens auch, damals.
Wenn die beiden genügend Sorgfaltspflicht besessen hätten, mir
ihre weiteren Publikationen zur Verifikation den O.T.O. betreffend
vorzulegen (wie ich vorgeschlagen hatte), wäre die Verbreitung
dieses bedauerlichen Irrtums sicherlich rechtzeitig zu verhindern
gewesen. Die Grandts haben sich jedoch nicht mal für die
Richtigstellung dieser ca. 40 Fehler bedankt, sondern diese
kommentarlos in ihre 2. Auflage übernommen und im Impressum so
getan, als sei das nun ihre eigene Meisterleistung gewesen.
W.W.: Wodurch und wann hat sich Ihre Meinung in bezug auf eine
angebliche O.T.O.-Mitgliedschaft Steiners geändert?
P.R.K.: Ich war gar nie dieser Meinung. In meinen Büchern habe ich
auch nie davon gesprochen, sondern mir ist diese Unüberlegtheit
quasi unter dem Druck des Verärgertseins über die
"journalistischen" Verdrehungen der Grandts herausgerutscht, ohne
dass ich darüber nachgedacht hätte. Ausserdem spräche ja das eh FÜR
Rudolf Steiner, sofort wieder aus dem O.T.O. ausgetreten zu sein.
Ich verstehe nicht, was die Gebrüder Grandt da für ein Aufsehen
machen. Mir scheint, dass eher die Medienpräsenz als die Faktizität
im Interesse der beiden steht. Sie geben ja auch zu, dass die
Kontroversen, die sie auszulösen meinen, nichts weiter als ein
"Werbetrick" sind; so an der Frankfurter Buchmesse am 10.10.98
verlautet. Da ist ihnen übrigens ein gewaltiger Freudscher
Versprecher unterlaufen, als sie versuchten, ihr Werk "Waldorf-
Connection" als Diskussionsansatz "im Satanis..., äh
Anthroposophie" zu verkaufen.
Mittlerweile haben Steiners Nachlassverwalter für mein Buch "Der
Grosse Theodor Reuss Reader" vom Frühjahr 1997 erlaubt, die
entsprechenden Reuss/Steiner-Dokumente zu faksimilieren. Ich danke
den Nachlassverwaltern dafür, diese Faksimiles nochmals für dieses
Flensburger Heft abdrucken zu dürfen. Mein seit anderthalb Jahren
mehrmals dazu veröffentlichter Artikel ("Rudolf Steiner: niemals
Mitglied irgendeines O.T.O.") und dieses Interview dürften diese
Dokumente ausreichend in den historischen Kontext stellen.
Es ist auch bezeichnend, wie die Grandts mit dieser neuen
Quellenlage umgegangen sind. Erst forderten sie mich mehrfach in
ziemlich unhöflichen Briefen um Bekanntgabe dieser Quelle auf.
Nachdem ich mich aber mit dem Argument weigerte, sicherlich nicht
die Recherchen von ihnen zu übernehmen, behaupten sie nun, eine
solche Quellenlage existiere überhaupt nicht — wahrscheinlich im
Glauben, wenigstens rethorisch geschickt zu sein.
W.W.: Es gibt also bis heute kein einziges Dokument, das beweisen
würde, dass Steiner irgendwann Mitglied des O.T.O. gewesen wäre?
P.R.K.: Richtig. Sollen die Grandts doch eines vorlegen!
Die Behauptung, Steiner sei O.T.O.-Mitglied, weil der Begriff
"Order of Oriental Templars" im Briefkopf auf dem Reuss'schen 1907-
Edikt an Steiner zu finden ist, entbehrt jeglicher Logik. Werden
die Grandts automatisch Waldorf-Schüler, wenn sie einen Brief
einer Waldorf-Schule erhalten, der im Briefkopf den Begriff
"Waldorf-Schule" enthält? In meiner Eigenschaft als Oberhaupt
einiger O.T.O.-Gruppen Europas könnte ich die Grandts auch flugs
zu Führungsmitglieder der Loge "Baphomet" von Balingen ernennen.
Gemäss ihrer eigenen Logik wären sie das dann auch definitiv,
könnten keinen stichhaltigen Beleg dagegen anführen und gerieten
nun selber in den Geruch der ritualisierten Kinderschändung à la
"Schwarzbuch Satanismus". Es würden sich dann sicherlich
Boulevardjournalisten finden, die durch unermüdliches Zitieren
aller greifbaren O.T.O.-Erwähnungen ebenso unkritisch tagtäglich
ihre Meinung kundtun, dass die Grandts auf komplizierte Art und
Weise Propaganda für Aleister Crowley betrieben. Anschliessend
würde ich behaupten, jemand habe gedroht, meine Katze umzubringen,
falls ich je wieder ein Wort "gegen die Grandts" richte und dieser
Fall sei nun bei den örtlichen Ermittlungsbehörden hängig, weshalb
ich keine weiteren Details dazu geben könnte, etc. etc. etc.
W.W.: Im "Schwarzbuch Anthroposophie" der Brüder Grandt werden Sie
als Autor folgender Zeilen zitiert: "Der Blavatsky-Schüler und
Gründerder 'Internationalen Theosophischen Verbrüderung', Dr.
Franz Hartmann (...) gehörte dem 'Orden der Alten und Echten
Rosenkreuzer' (...) an", sagt Peter-R. König weiter, "während Dr.
Rudolf Steiner in einer Zweigabteilung des Ordens, dem in 97 (=
33) Grade arbeitenden O.T.O (...) seine Einweihung hielt." (S.121
f.) Was hat es mit diesem Zitat auf sich?
P.R.K.: Die Brüder Grandt haben ein treffendes Beispiel ihrer
Lesekunst geliefert und mein Zitat des antisemitischen Hetzers und
Ludendorffianers S. Ipares (alias J. Paar) aus dessen paranoiden
"Geheime Weltmächte" von 1936 als meinen "eigenen" Text
wiedergegeben. Dabei habe ich Ipares als gut ersichtliche
Hetzquelle in meinem Buch "Das O.T.O.-Phänomen" kenntlich gemacht.
Ich hatte ja nie im Leben geahnt, meinen Büchern ausser klaren
Quellenangaben, Titeln, Untertiteln und ggfs. Kursivdruck bei
Zitaten in Anführungs- und Schlusszeichen auch noch eine
Lesebrille beigeben zu müssen. — Es gibt seit den 20er Jahren
dermassen viele Nazi-Publikationen, die behaupten, dass "Steiner
ein Sexualmagier" gewesen sei, "Mitglied im O.T.O." und weitere
notorische Versatzstücke aus dem Arsenal der Judenhetze aufhäufen,
dass ich mich verletzt fühlte, mit diesem Nazi-Blödsinn in den
gleichen Topf geworfen worden zu sein. Unzumutbar empfand ich das
lasche Verfahren der Grandts mit Nazi-Literatur besonders, nachdem
meine Familie unter dem Nazi-Regime zu leiden hatte.
W.W.: Wie haben Sie auf die falsche Zitierweise der Grandts
reagiert?
P.R.K.: Ich habe die Grandts im März 1997 gebeten sich zu
entschuldigen und gefordert, diese falsche Darstellung in
zukünftigen Auflagen nicht mehr zu verwenden. Da habe ich ihnen
auch zum wiederholten Male schwarz auf weiss klar gemacht, auf
welche Art und Weise ich als "under cover agent" recherchiert
habe. Trotzdem behaupten die beiden immer noch, ich würde ihnen
das "verschweigen" und suggerieren eitel, ich sei ihnen
rechenschaftspflichtig. "König verschweigt uns, dass er selber in
verschiedenen O.T.O. Gruppen war, um sog. Undercover-Recherchen zu
machen ... oder sich in einem Okkult-Orden, dem Ordo Saturni,
herumtrieb," liessen die beiden m.E. heuchlerisch an der
Frankfurter Buchmesse im Oktober 1998 hören. Sehr aufschlussreich,
wie sie sich dabei auf verschiedenen Ebenen entlarvten. So habe
ich den beiden nachweislich schon 1995 genau klargemacht, dass ich
"under cover" in den O.T.O.-Gruppen recherchiert habe (da sie
offensichtlich meine diesbezüglichen Publikationen nicht zur
Kenntnis nehmen wollten). Da die beiden sich oft selbst damit
brüsten "verdeckt" z.B. bei Uriellas Fiat Lux "recherchiert" zu
haben, wenden die Grandts offensichtlich für sich selber jeweils
ganz andere Begriffskriterien an und versuchen m.E. so auf Kosten
anderer ihr positives Selbstbild aufrechtzuerhalten.
In ihrem Buch "Erlöser" bezeichnen die Grandts meine Briefe
neuerdings als "wirr", obwohl sie diese anderorts ausgiebig
abgeschrieben haben, wohlgemerkt, und bringen meinen Namen nun
völlig losgelöst von der faktischen Lage in einem rassistischen
Milieu unter. Sind die Grandts so leicht ver"wirr"bar? Im O.T.O.-
Kontext wärmen sie nur ur-ur-ur-alte braune Brötchen auf und sind
demzufolge kaum eine Fussnote wert. Da sie nun aber meine von den
Fakten losgelöste Person dazu benützen, andere Menschen an den
Pranger zu stellen, fühle ich mich verpflichtet, mit meiner
persönlichen Meinung und erneuter faktischer Aufklärung zur
Transparenz beizutragen. Mit diesem Flensburger Heft dürfte eine
Grundlage erstellt sein, womit künftige Manipulationen besser
beurteilt werden können.
W.W.: Haben sich die Brüder Grandt eigentlich jemals bei Ihnen
entschuldigt?
P.R.K.: Ein einziges Mal. Auf meine März-1997-Reklamation
bezüglich dieses Ipares-Zitats, das sie als mein eigenes ausgaben,
haben sich die beiden Herren postwendend entschuldigt, aber, und
das muss ich hier ganz besonders herausheben, zu ihrer
Rechtfertigung ein Zitat des Nazi-Hetzblattes "Der Judenkenner"
von 1936 als meinen eigenen Text angeführt; also einmal mehr ihre
offensichtliche Unfähigkeit, die Quellenlage zu begreifen,
demonstriert. Auf meinen erneuten Protest hin zu reagieren war
dann offensichtlich unter ihrer "Würde".
Es fällt mir auf, dass je mehr ich die Grandts auf ihre Irrtümer
hinweise, umso mehr sie diese aufblasen und verdrehen. Da kann ich
den beiden nur das entgegenhalten, was sie den Waldorfschulen
vorwerfen: "Die Handhabung ist die Botschaft" (so die beiden an
der Pressekonferenz anlässlich der Frankfurter Buchmesse am
10.10.98).
Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Grandts nicht davor
zurückschrecken, rechtsgedrehte Literatur als untermauernde
Belegquellen für ihre Behauptungen zu verwenden, ist deren
rechtfertigendes Zitieren des Ariosophen und "Temple of Set"-
Protagonisten Stephen E. Flowers, der in seinem Phantasiewerk
"Fire and Ice" ebenfalls von Steiners O.T.O. schwafelte. Dass
Flowers offiziell ein Würdeträger einer Organisation ist, die von
einem selbsternannten Statthalter Satans geführt wird (ich
verwende diesen Begriff neutral, da der "Temple of Set" sich
selbst als eine Erneuerung der "Church of Satan" definiert), will
die Grandts hier überhaupt nicht zu stören (an anderer Stelle
fallen sie jedoch über den "Temple of Set" her). Flowers ist
übrigens ein Zeitgenosse, der unbedingt Lanz von Liebenfels'
extrem antisemitisches "Theozoologie" in den USA publizieren
wollte, gottseidank vergeblich. Hauptsache scheint, die Grandts
können irgendwelche Quellen anführen, die Steiner und den O.T.O.
verwursteln.
W.W.: Es gibt tatsächlich eine Menge Anti-Steiner-Literatur aus
der Nazi-Zeit, ich nenne da nur die Ludendorffs oder Gregor
Schwartz-Bostunitsch.
P.R.K.: Ich werde in meinem Archiv wühlen und etwas aus dem
"Judenkenner" und von dem von Ihnen erwähnten Gregor Schwarz-
Bostunich für dieses "Flensburger Heft" zusammenstellen, damit der
Leser eine ungefähre Ahnung von der Stimmung gegen die
Anthroposophen erhält, die gegen sie in der Zeit des "offiziellen
Rassismus" geschürt wurde. Achtung: Lesehilfe für alle Grandts
dieser Welt: diese Faksimiles sind keine gewissenhaften Quellen!
S. Ipares (Jean Paar): "Geheime Weltmächte", München 1936.
Der Judenkenner: Der Grossvater der Antroposophischen Gesellschaft
[Aus: 'Der Grosse Theodor Reuss Reader'.]
W.W.: Die Grandts schreiben auch auf Seite 282 im "Erlöser"-Buch,
dass Sie in Ihrem "O.T.O.-Phänomen" "seitenweise Rudolf Steiners
Kontakte zum O.T.O." anführten.
P.R.K.: Jeder, der sich mein Buch anguckt, wird finden, dass ich
lediglich kurz erwähne, dass Steiner sich ein paar AASR- und MM-
Grade erworben habe. Von Steiners angeblichen Kontakten zum O.T.O.
nicht die geringste Spur (ausser, wo ich dokumentarisch Nazi-
Hetzschriften zitiere). Aber das ist typisch Grandts: kommt
Steiners Name in einem Buch über den O.T.O. vor, muss Steiner also
notgedrungen O.T.O.-Mitglied gewesen sein. Hätte ich Steiners Name
nicht aufgenommen, wäre wohl der Vorwurf gekommen, ich betreibe
Weisswäscherei. Mir scheint, alles bei den Grandts verkommt zu
reiner Rhetorik; selbst der Nationalsozialismus dient hier m.E als
Grammatik der Selbstdarstellung.
Das gilt auch in Bezug auf Aleister Crowley, dessen Satzpartikel
sie aus meinen Büchern klauben, um sie gegen Steiner zu verwenden,
aber ihn ansonsten allen Ernstes im gleichen Atemzug mit dem Ku-
Klux-Klan einen Jungfrauenhäuter nennen können. Ich wiederhole
mich: Hauptsache scheint, die Grandts können irgendwelche Quellen
anführen, die Steiner und den O.T.O. verwursteln.
Bemerkenswert bleibt, wie die beiden immer wieder antisemitische
Nazi-Hetzschriften zitieren um Steiner zu diskreditieren, und ihm
gleichzeitig Rassismus vorwerfen können.
Ich frage mich still und leise, ob der Vogel Strauss weiss,
welches Körperteil sichtbar bleibt, wenn er seinen Kopf in den
Sand steckt.
W.W.: Gibt es weitere Sie betreffende Zitatfehler im "Schwarzbuch
Anthroposophie"?
P.R.K.: Indirekte Zitatfehler natürlich schon, wenn man in
Betracht zieht, dass die beiden einfach die neue Quellenlage ausser
acht gelassen haben. Die Grandts sind von mir mehrmals über die
Zitatfehler informiert worden. Sie haben diese schriftlich
zugegeben. Wenn sie also nach wie vor das Gegenteil verbreiten,
tragen sie wissentlich zur Unwahrheit bei. Fakten als
"Schaumschlägerei" zu bezeichnen, so wie es die Grandts öffentlich
tun und objektive Verifikationen als persönliche Angriffe zu
werten ("mundtot gemacht" fühlen sie sich, wenn man sie auf Fakten
hinweist), stellen die ganzen Aktivitäten der beiden von selbst
ins entsprechende Licht. Da müssten sich die Grandts eigentlich
ein paar detaillierte Überlegungen zu ihrer Person gefallen
lassen, die sie auf diese Weise immer ins Zentrum rücken und zum
eigentlichen Thema werden lassen.
W.W.: Wie beurteilen Sie die Qualität des "Schwarzbuch
Anthroposophie"?
P.R.K.: Gute Frage. Zur Arbeitsweise der Grandts erst allgemein
ein paar Bemerkungen. In einer Zeitepoche, in der Aufklärung in
Sachen Neu-Religionen in Europa, insbesondere im Hinblick auf die
Veränderungen im deutschsprachigen Raum (Stichworte: Neue
Bundesländer), die Öffnung des Ostens und der Entwicklung des
Cyberspace besonders wichtig wäre, tragen die m.E. unsorgfältig
recherchierten und äusserst ungeschickten Aktivitäten der Herren
Grandt mehr zur Mystifizierung von im Untergrund wirkenden
Organisationen bei, als zur Erhellung.
Dass die mein Sachgebiet O.T.O. betreffenden Seiten in der 1.
Auflage vom "Schwarzbuch Satanismus" z.B. schon ca. 40 faktische
Fehler aufwiesen, spricht deutlich für die Art und Weise, wie die
Autoren arbeiten und wie ihre Bücher ausfallen. Von so vielen ad
hoc entdeckten faktischen Fehlern in einem einzigen Buch zu einem
Thema unter vielen lässt sich nämlich "unvollständig induzieren",
dass der Rest auch nicht viel besser sein kann. Das hat sich dann
im "Schwarzbuch Anthroposophie" bestätigt.
W.W.: Wissen Sie von Parallelfällen?
P.R.K.: Ich habe mich ein bisschen umgehört und mir liegen die
verschiedensten Berichte vor. Es seien zwei davon exemplarisch
herausgegriffen.
Der Sektenbeauftragte Berlins, Thomas Gandow (Herausgeber des
"BERLINER DIALOG"), übernahm 1991 nach dem Tode von Friedrich-
Wilhelm Haack (Sie erinnern sich, der erste Sektenbeauftragte, der
auch "meinen" Verlag gründete) die sog. "Münchner Reihe" (mit
kleinen Aufklärungsbroschüren). Ihm boten die Grandts 1992
(nachdem es schon vorher anderswo abgelehnt worden war) eine
Koproduktion über Uriellas Fiat Lux an. Vieles, was die beiden
selbst geschrieben hatten, musste jedoch aus Qualitätsgründen (wie
er heute noch kopfschüttelnd erzählt) gestrichen werden. Was von
den Grandts blieb, wurde kursiv gesetzt, damit es vom Text des Co-
Autors Klaus-Martin Bender unterschieden werden konnte. Der
Vertrag mit dem Verlag war jedoch gemacht und der Vorschuss
kassiert. Nun waren sie "Autoren". Als Gandow als Herausgeber
etabliert war, boten sie ihm ein neues Werk an: Natürlich über
rituellen satanischen Kindesmissbrauch. Angeblich 1000e von
Fällen, europäisches Netzwerk etc. Gandow telefonierte den beiden.
"Beweise? Fakten? Unterlagen? Null!", berichtet er mir. Sie
wollten 20.000,- Vorschuss, das bräuchten sie noch, um die letzten
Beweise zu beschaffen, mit denen das internationale Netzwerk
aufgedeckt werden könne ... Was sie erzählten, befand Gandow
jedoch für "Qualm" und er lehnte ab. Beim daraufhin erschienenen
"Schwarzbuch Satanismus" entdeckte Gandow s.E. nichts Eigenes,
nichts Recherchiertes, nichts Originales: "Alles irgendwie
Behauptungen und/oder von anderen Quellen übernommen", wie er sich
erinnert.
Auch der von den Grandts angeführte Grossmeister des Ordo Saturni,
Dieter Heikaus, hat sich gewehrt. Er stellte auf einer einzigen
Textseite des "Schwarzbuch Satanismus" insgesamt acht sachliche
Fehler bzgl. seiner Person und seines Ordens fest. Heikaus teilte
daraufhin am 14.9.95 den Grandts mit, dass seine Fehlerliste
deutlich zeige, "wie oberflächlich und schlampig" die beiden
recherchiert hätten und stellte die berechtigte Frage nach dem
christlichen Ethos, Gerüchte zu verbreiten, die sich nachweisbar
als gegenstandslos erwiesen hätten. Heikaus listete auf weiteren
Textseiten Sachfehler auf und entdeckte, dass sich die Grandts als
ungenannte Quelle u.a. auch eines Kriminalromans bedient hatten.
"Es wäre ja auch zu peinlich, angeben zu müssen, dass Grundlagen
ihrer Recherchen ein Roman ist!", kommentierte er und fasste
zusammen, dass es sich beim "Schwarzbuch Satanismus" s.E. "um ein
Machwerk übelster Art handelt, denn oftmals werden Fiktionen als
Fakten ausgegeben." "Ob durch die namentliche Erwähnung die
Existenz dieser Personen vernichtet oder beeinträchtigt werden
könnte, scheint die Herren Grandt nicht weiter zu beunruhigen."
Zum weltanschaulichen Inhalt des "Journalismus" der Herren Grandt
möchte ich noch Folgendes anbringen. Ich will keineswegs
abstreiten, dass es äusserst betrübliche Einzelfälle gibt, die man
als "Satanismus" in dem Sinne, wie ihn die Herren Grandt
beschreiben, bezeichnen könnte. Einen solchen aber im
organisierten Okkultismus wie dem O.T.O. oder sogar im
Zusammenhang mit der Anthroposophie finden zu wollen, zeugt von
der Unsensibilität, der psychologischen Unerfahrenheit und m.E.
von den persönlichen Ängsten der Autoren. Im Rausche ihres
"Heiligen Krieges" sind die Autoren m.E. weit übers Ziel
hinausgeschossen. Irgendwie bedeutsam scheint mir der Untertitel
des "Schwarzbuch Satanismus": "Innenansichten eines religiösen
Wahnsystems". Selbstverständlich ist es jedem Menschen frei, seine
Einschätzung von "Satanismus" zu äussern. Wenn es sich aber um
faktische Tatsachen handelt, sind dem Erfindungsreichtum und dem
blinden und unkritischen Nachplappern von dubiosen Quellen Grenzen
gesetzt.
W.W.: In den letzten Jahren bezeichneten die Brüder Grandt Sie
durchweg als O.T.O.-Experten. Bei einem Treffen in der
Buchhandlung Niedlich am 20.11.1997 wurden Sie aber von den
Brüdern Grandt ziemlich heftig kritisiert, weil Sie, genau wie wir
mit unserem Artikel im Flensburger Heft 33, einem Irrtum in bezug
auf Steiners angebliche O.T.O.-Mitgliedschaft aufgesessen seien,
und weil Sie keine juristischen Schritte gegen die Brüder Grandt
eingeleitet hätten. Obendrein gelten Sie bei den Brüdern Grandt
scheinbar nicht mehr als O.T.O.-Experte: "P. König ist eben nicht
dieser Superexperte. Wir haben uns da getäuscht." Gilt bei den
Brüdern Grandt nur der als Experte, der ihre Meinung vertritt?
P.R.K.: Ich habe einen einzigen faktischen Ausrutscher in einem
Privatbrief an die Grandts gemacht, den die beiden nun ohne
Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht seiten- ja
beinahe buchlang auswälzen und benützen, um meine Person, die
Anthroposophen und die Waldorfschulen zu diskreditieren, anstatt
sich mit den Fakten auseinanderzusetzen. Mutigerweise natürlich
immer dann, wenn ich persönlich nicht anwesend bin und ohne mir
Gelegenheit zu geben, mich zu ihrem Unfug zu äussern. Mein von
ihnen vorenthaltenes Gegendarstellungsrecht hole ich nun hiermit
nach. Ich frage mich, wie die Grandts eigentlich mit sich selber
umspringen müssten, nachdem man ihnen wahrscheinlich hunderte von
faktischen Fehlern nachweisen kann. Sie gebärden sich ja extrem
kritikimmun und scheinen kaum annehmbare Ansprechpartner zu sein.
Sie sind m.E. dermassen von sich selbst überzeugt, dass sie
Kritiker nicht ernst nehmen, sie wenn möglich auf privater Ebene
angreifen und als Teil eines "Spiels" deklassieren (so ihre
Wortwahl anlässlich der Pressekonferenz an der Frankfurter
Buchmesse am 10.10.98).
Ihren frappanten Meinungswechsel haben die Grandts nie begründet.
Auf ihre verdrehte Weise tun sie jedoch nur brav, was ich von
ihnen forderte: immer klar und deutlich zu erkennen zu geben, dass
ich mich von ihren Aktivitäten energisch distanziere. In der
Öffentlichkeit versuchen sie, diese Peinlichkeit halt auf den Kopf
gestellt darzustellen. Ihr ganzer sog. Meinungsumschwung lässt
sich dokumentarisch mit einem Datum festhalten. Am 7. März 1997
betonten die beiden noch, dass ich für sie "der" O.T.O.-Experte
sei. "Das wird auch in Zukunft so bleiben", hielten sie vollmundig
und ausdrücklich in ihrem Schreiben an mich fest. Meine Antwort
darauf war, dass ich mich heftig von den Werken der beiden
distanzierte und verlangte, dass sie diese Tatsache auch erkennbar
machten. Und wie per Lichtschalter werden so "gute" Experten ein-
und "böse" ausgeknipst.
An der Frankfurter Buchmesse am 10.10.98 mutmassten die Grandts
öffentlich, ich hätte einem "anthroposophischen Druck"
nachgegeben. Was soll man sich denn darunter vorstellen; den
astralen Rudolf Steiner, der mir im Traum mit Band 1000 seiner
Gesamtausgabe auf den Leibe rückt? Der einzige "Druck", den ich im
Zusammenhang mit dieser Grandt'schen Verdrehungs-Sache erlebt
habe, kam von den Grandts selbst, die mit pseudo-juristischen
Formulierungen und m.E. frechen Ultimaten absurde Stellungnahmen
von mir erzwingen wollten. Auf jeden Fall werfen ihre Projektionen
ein sehr aufschlussreiches Licht auf die beiden selbst zurück.
Ihren eigenen Aussagen zufolge glauben sie sich ja einer
konzertierten Ablehnung durch die Medien als Folge einer Art
"Anthroposophen-Weltverschwörung" ausgesetzt, die hunderte von
Journalisten einschliesse, die sich nun alle gemeinsam lustig über
die Grandts machen. Die einzige Verschwörung, die ich kenne, ist
aber diejenige, gegen die "selbst Götter vergeblich" kämpfen.
Es ist ausserdem völlig irrelevant zu glauben, dass weil die
Grandts nicht von mir vor Gericht gezerrt worden sind, nun mein
Status als sog. "O.T.O.-Experte" geschmälert sei. So etwas ist
m.E. ein Beispiel queren Denkens. Wenn Juristen die Rolle der
Historiker übernehmen sollten, würden etliche Wadenbeisser im
Nullkommanichts von der Bildfläche verschwinden. Die Grandts haben
schlichtwegs mein Konzept nicht begriffen, und wenn ich es ihnen
erklären würde, wären sie wahrscheinlich wieder ver"wirr"t?
Fein, dass Sie den Auftritt der beiden in der Buchhandlung Niedlich
erwähnen. Davon muss ich doch unbedingt Folgendes zitieren:
Barkhoff: Herr Grandt, ich habe Sie gefragt, ob Sie das, was Sie
das Hauptwerk Rudolf Steiners genannt haben, ob sie das gelesen
haben. Sie haben mir mehrfach bestätigt, dass Sie es nicht gelesen
haben, sondern "darin" gelesen haben. Das fand ich ...
Michael Grandt: Ich habe Ihnen auch gesagt warum.
Barkhoff: Ja genau, Sie schreiben ein Buch über Steiner und
schreiben ...
Grandt: Haben Sie alles gelesen aus dem Nationalsozialismus um
gegen ihn zu sein?
Barkhoff: Nein, ..., wenn man ein Buch schreibt über Steiner und
das Hauptwerk nicht liest.
Michael Grandt: Er hat's doch gelesen [zeigt dabei auf seinen
Bruder Guido], bloss er war da krank an diesem Tag.
W.W.: Im Werk "Waldorf-Connection" führen die Grandts zur
Untermauerung ihrer Thesen eine Unmenge von Sekundärliteratur auf.
Lohnt es sich überhaupt, im Detail darauf einzugehen?
P.R.K.: Die Grandt'sche Vorgehensweise des ermüdenden Aufzählens
von Abschreibern, die die Zettelkästen von Abschreibern
abgeschrieben haben und des gleichzeitigen Ausblendens der seit
Frühjahr 1997 mit meinem "Grossen Theodor Reuss Reader" zugänglichen
faktischen Lage in Bezug auf Steiners Nicht-O.T.O.-Mitgliedschaft,
lässt aus Platzgründen in diesem Interview keinen Schlagabtausch à
la Grandt zu, den die beiden mit ihrer neusten Selbsteinschätzung
als zur "scientific communitiy" [sic] gehörend wohl gerne hätten.
Das Absurdeste, das ad hoc einer Richtigstellung bedarf: Steiners
"Mystica aeterna" war niemals ein O.T.O.-Zweig, sondern eine
Bezeichnung für Steiners Misraim-Dienst.
Auf den Seiten 113 und 147 behaupten die Grandts, Steiner müsse
schon 1904 von der Sexualmagie des O.T.O. gewusst haben, nachdem
sie aufgrund der Lektüre meines Steiner-Artikels erfahren haben,
dass er ein Kellnersches und Reuss'sches Manifest "Unseres Ordens"
von 1903 zitierte. Wenn die beiden sich nun dieses Manifest
angeguckt hätten, wären sie darauf gestossen, dass man sich darin
von "Geisterbeschwörungen" und "spiritistischen Praktiken"
distanzierte — eine Haltung, die Steiner sicherlich zusagte. Von
den Begriffen "Sexualmagie" oder "O.T.O." nicht die geringste
Spur. 1903 hat Kellner ja noch gelebt. Die Praktik in seinem
Privatzirkel war nicht Magie, sondern Hatha-Yoga.
Erst in der Juni-Ausgabe der Oriflamme 1906 wurde Reuss deutlicher
und sprach als Werbung für sein Büchlein "Lingam-Yoni oder Die
Mysterien des Geschlechtskultus" erstmals vom göttlichen
Zeugungsakt. Im August 1906 distanzierte sich dann Steiner im
berühmtem Brief an Sellin von Reuss. Der Begriff "Sexual-Magie"
tauchte überhaupt erstmalig in der Dezember-Ausgabe der Oriflamme
1906 und dann erst wieder 1912 auf, als der O.T.O. Reuss' neustes
Aushängeschild wurde.
Ich führe dieses Beispiel an, um zu zeigen, wie selektiv die
Grandts ihre Quellen zitieren, ohne diese überhaupt zu kennen oder
einem Kontext zuordnen zu können.
W.W.: Im "Waldorf-Connection" versuchen die Grandts erneut, Ihren
Status als sog. O.T.O.-Experten zu demontieren und verweisen auf
Ihre sicherlich humorvoll gemeinte Selbstdarstellung als
"intuitiv-künstlerischen" Forscher.
P.R.K.: Bemerkenswerterweise "beweisen" die Grandts in einem
Kapitel, dass ich kein Experte sein kann, um mich aber dann völlig
aufgeregt in anderen Kapiteln im Text und in unzähligen Fussnoten
wiederum als Experten für ihre Thesen aufzuführen.
W.W.: Sind Sie eigentlich selbst Anthroposophe, dass die Grandts
Sie so ins Visier nehmen?
P.R.K.: Ich kann persönlich mit Steiners Lehren überhaupt nichts
anfangen. Jeder, der meint, ich stehe auf der "Seite der
Anthroposophen", irrt gewaltig und sollte sich gründlich mit
meinen Texten auseinandersetzen. Nicht ohne Grund zitieren die
Grandts ja ausgiebig meinen Steiner-Artikel, natürlich immer nur
diejenigen Stellen, die sie nicht ver"wirr"en.
W.W.: Glauben Sie, dass die Grandts bewusst Ihre vielen Bücher
ignorieren, nachdem Sie allein die ersten zwei zu ihren Gunsten
zitiert haben?
P.R.K.: Ich frage mich tatsächlich, ob die Grandts meine 10
anderen Bücher, die unzähligen Interviews, Artikel,
Internetdiskussionen und Vorträge kennen, wo ich die
hermeneutischen Grundlagen, die neuen Dokumente, die aktuelle
Quellenlage, Korrekturen, die Zeitumstände transparent und
Primärquellen zugänglich mache.
W.W.: Die Grandts scheinen Ihnen vorzuwerfen, sich selber zu wenig
ernst zu nehmen.
P.R.K.: Mein Hauptwerk "Das O.T.O.-Phänomen" vom Frühjar 1994 muss
im Kontext meiner anderen Bücher gesehen werden, die die
eigentlichen Fussnoten bilden. Zur Hermeneutik habe ich
verschiedene Blickwinkel gewählt (was ich humorvoll auch "Pose"
nenne: ein Wort, das den Grandts sehr sauer aufstösst). Die
sexualmagisch-literarische Ebene versuchte ich in meinem "Leben
für die Rose" zu entschlüsseln; die ethnologische Ebene auf schon
ausufernde Weise in meinem "O.T.O.-Phänomen"; der gnostischen
Geschmeidigkeit näherte ich mich u.a. mit dem Vortrag über die
"Sperma-Gnostiker und der O.T.O." (im Band "Ecclesia Gnostica
Catholica") und indem ich mich in Interviews als Querelle (Jean
Genet) und Dorian Gray einbringe, eröffne ich u.a. die ethno-
psychologische Sichtweise in einem aufgebrochenen
Kunstverständnis.
Im Interview für die Zeitschrift "Sigill" wurde ich letztes Jahr
gefragt, welche "Rolle" ich am liebsten einnähme. Meine Antwort
war: Die der zweiten Anna in Brechts "Die sieben Todsünden".
W.W.: Glauben Sie, dass sich die Arbeitsweise der Grandts mit dem
"Waldorf-Connection" gebessert hat, nachdem die beiden ja so ins
Kreuzfeuer der Kritik geraten sind?
P.R.K.: Bei der Lektüre der "Waldorf-Connection" springt die
kulturelle Bildung der beiden ins Auge, das kultivierte Niveau
ihres disziplinierten materialistischen Denkens und ihre Art der
Wahrung der Menschenwürde. Ich bin überzeugt, die Grandts meinen,
sie arbeiten "wissenschaftlich". Erneut fällt auf, dass der Fülle
von Einfällen und der Reichhaltigkeit ihrer "Bewältigung" Grenzen
gesetzt sind. So scheinen die beiden m.E. nie über ihre
persönliche Problematik (welche das auch immer sein mag)
hinauszuwachsen. Die logisch erfassbare Umwelt verliert immer mehr
an Bedeutung, da sie in unzählige Details zu zerfasern scheint und
dadurch die Beziehung zur Wirklichkeit gestört und ihre Abbildung
deshalb sinnlos wirkt. An ihre Stelle tritt m.E. ein ungeordnetes
Bedürfnis nach Ausdruck der inneren Realität, des persönlichen
Erlebens und Erleidens. Die Zurückdrängung überprüfbarer Fakten
durch spekulatives Aufzählen irrelevanter Nicht-Fakten (z.B. von
abschreibenden Abschreibern) erlaubt keine Wahrheitskontrolle mehr
und mündet in ein endlos fragmentiertes Labyrinth grenzenloser
Beliebigkeit. Es ist die selektive Aufmerksamkeit der Grandts, die
über den Wert von Informationen zu entscheiden scheint — so
entfällt m.E. für sie die Wichtigkeit herausfinden zu müssen, ob
eine Information richtig oder falsch ist. Bedeutend scheint für
die beiden nur noch, ob ihre Werke wahrgenommen werden. Die
Grandts nennen das, wie schon mal zitiert, ihren
"Diskussionsansatz im Satanis..., äh Anthroposophie". Von meinem
Fachgebiet und meiner Person her gesehen ist das Buch ein Wirrwarr
aus dem Krämerladen der Obsessionen und pseudo-Authentizitäten,
gepaart mit einem kleinem Mass Bosheit. Sehen sich die beiden als
kreative Menschen? Ich kann das Werk jedem Sammler von Art brut
wärmstens empfehlen.
W.W.: Haben Sie Erklärungen dafür, warum die Brüder Grandt die
anthroposophische Szene und Rudolf Steiner so nachhaltig verfolgen
und es sogar in Kauf nehmen, Falschaussagen über diese in die
Öffentlichkeit zu stellen?
P.R.K.: Oberflächlich gesehen, scheint die Ausgangslage die
emotionale Authentizität der beiden zu sein, sich als biedere und
brave Bürger rechtschaffen aufregen zu dürfen. Was m.E. aber
unangenehm auffällt, ist das offensichtliche Ausblenden gewisser
Fakten, das Durcheinanderbringen von Informationen, die Routine
des Beschuldigens und die hartnäckigen Ausreden, die auf mich
wirken, als hätte man kleine Buben beim Naschen von Marmelade
erwischt. Erstaunlich ist für mich ausserdem, mit welcher Mischung
aus Begeisterung und Naivität sich die Grandts in ihrer
Subjektivität entlarven. Der im Zuge des Privatfernsehens wieder
aufgekommene "Betroffenheitskult" scheint nämlich die beiden
ergriffen zu haben. Sie geben zu, dass ihr Interesse am
"Satanismus" aus Betroffenheit über einen "Fall im Bekanntenkreis"
geweckt worden sei. Ich nehme an, dass es sich hier um eine
aufgesetzte Stereotype handelt, denn so wie es immer mehr
selbsternannte Propheten gibt, wächst auch die Zahl der
selbsternannten Warner vor eben diesen Propheten. Der Eifer der
Herren Grandt lässt den Schluss zu, dass sie sich zu den Warnern,
d.h. "Sektenjägern" zählen möchten, die auf alles schiessen, was
sich im Wald bewegt, um Anerkennung und Sinn in der Gesellschaft
zu finden.
Das eiserne Gesetz unserer narzisstischen Zeit lautet: wenn
"Mitteilungsdruck" zu gross wird, hilft nur noch die Flucht an die
Öffentlichkeit. Im Medienzirkus des Privatfernsehens und im Namen
reklamierter Zensurfreiheit des Journalismus ergreifen die Grandts
nun jede Gelegenheit, ihre Köpfe vor Kameras und Mikrophone zu
strecken. Mich erinnern sie dabei an Wachs überzogene
Holzzwillinge aus einer DDR-Version der Augsburger Puppenkiste.
Das gibt ihnen m.E. den Touch des Exotischen, der heutzutage schon
per se reif für eine Boulevard-Talkrunde scheint. Entscheidend
sind dort sowieso nur die Quoten.
Anstatt seriös und kompetent über Fakten zu berichten, haben sich
die Grandts m.E. in ihrer eigenen Moralfalle verfangen und dazu
beigetragen, dass potentiell ernsthafte Themen ein Teil der TV-
Nachmittagsunterhaltung bei Hans Meiser geworden sind.
Betroffenheit gehört nämlich zum effektvollen Repertoire des
Boulevard-Journalismus, der sich ja besonders für Ereignisse
interessiert, die starke Gefühle auslösen, ohne dass der Konsument
Konsequenzen ziehen muss. Der Boulevardismus nährt an seinem Busen
letztendlich Ignoranz. In ihrer Eindringlichkeit wirken die beiden
m.E. beinahe wie die "Meinungssoldaten", die Martin Walser in
seiner Frankfurter Friedenspreisrede ansprach, als er (im
Zusammenhang mit Deutschlands Vergangenheitsbewältigung) von
"vorgehaltener Moralpistole" und "Meinungsdienst" redete. Ich
möchte hier vor allem den "uniformen" und "maskenhaft-hölzernen"
Aspekt der Grandt'schen Auftritte betonen.
Ich neige deshalb zur Ansicht, dass die Identifikation hier
Abwehrcharakter hat, dass sich die Grandts zwar als "Warner" auch
mit irgendwelchen "Opfern" identifizieren, sie letztendlich aber
die "Sache" kalt lässt. Sie betonen ja dann auch einmal den
"Zufall", der sie ihr Ziel, die Anthroposophie, auswählen liess
(so in der Buchhandlung Niedlich am 20.11.97). Ich kann nur
vermuten, dass sich einer der beiden (oder beide) unbewusst gegen
eine eigene Vereinnahmung durch sog. "Sekten" oder eine überstarke
Persönlichkeit wehren.
Dass sich die beiden an die Person Rudolf Steiners halten, hat wohl
mit der Komplexheit der Steinerschen Lehren zu tun. Wo diese nicht
mehr überschaubar scheint, werden die Masstäbe des Privaten
angesetzt, also Ersatzkriterien. Im Kern geht es dann m.E. nicht
mehr um Fakten, sondern nur noch um Achtung und Verachtung, um
Sympathie und Antipathie und wird Teil der aktuellen
Entpolitisierung und Privatisierung. Dies giessen sie m.E. in
einen generalisierenden und ressentimentgeladenen Verdacht gegen
"die geheimen Mächtigen". Sie verlangen nach Offenheit und
verschanzen sich selber hinter einer nebulösen Wand aus
Versatzstücken der Grossen Soap Opera aus "wir meinen" und "wir
behaupten" ohne Bezug zur Realität oder deren differenziertem
Erfassen. Während sie in der Anthroposophie ein kohärentes
"Imperium" wittern, bedienen sie sich selber seit 1995 in
unzähligen öffentlichen Auftritten, TV-Sendungen und Büchern immer
wieder beinah identischer aneinandergereihter Stereotypen à la
"geheimem Informantennetz", anynomen Einflüsterern, im Hintergrund
bleibenden Ja-Sagern (die einzig nach Vorträgen der Grandts ihre
angebliche Zustimmung eingestehen), nicht näher genannten
Morddrohungen und diffusen Hinweisen auf "polizeiliche
Ermittlungen". Das scheinen mir alles Requisiten aus einer
amerikanisierten Provinzbühnenstückversion von "Wir gegen den Rest
der Welt" zu sein.
Wo sich m.E. auch monetäre Interessen, Selbstdarstellung und Moral
so unübersichtlich verknäueln, scheinen einfache Schuldzuweisungen
zu helfen und der Ruf nach einem ordnenden Machtwort, zum Beispiel
durch den Staat, der religiöse Minderheiten kontrollieren soll.
Hier haben die Grandts jedoch nicht mit der "Gegenwehr" ihrer
eigenen Opfer gerechnet. Sie wirken m.E. überfordert von den
Reaktionen der Medien und Anthroposophen. Je energischer sie sich
mit der Öffentlichkeit herumbalgen, umso unsicherer scheinen sie
in ihrem Urteil; Analyse und Paralyse reimen sich auf entblössende
Weise, da sie immer mehr ins regressive Schema von "wo uns
gegengeredet wird, da müssen wir recht haben" verfallen. Seit sie
in ihren Auftritten sehr persönliche Angriffe gegen namentlich
erwähnte Personen und Organisationen reiten, müssen sie sich
selbst ähnlichen Mechanismen ausgesetzt sehen. Letztendlich sind
sie in meinen Augen ja auch nur das geworden, vor dem sie selbst
angeblich warnen wollten: "Phantasten und Verführer" der
Öffentlichkeit.
Selbstverständlich ist es zu begrüssen, dass seit 1970 alle sieben
Jahre wieder einmal auch auf seriöser Ebene zu Themen wie
"Rassenlehre in der Anthroposophie?" Stellung genommen wird, aber
dazu hat es die Grandts sicherlich nicht gebraucht. Nur im
richtigen Kontext gebracht, sind solche Diskussionen fruchtbar und
gesellschaftsrelevant.
© Peter-R. Koenig, 1998.
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