Freimaurerlogen Die verschiedenen Systeme und ähnlichen Organisationen Bern 1948 |
Der Illuminatenorden
Im Jahre 1776 begruendete Prof. Adam Weishaupt unter dem Namen "Gesellschaft der Perfectibilisten" mit einigen Freunden den Illuminatenorden. Er beabsichtigte, den Feinden der Aufklaerung entgegenzuwirken, denn jene Zeit hatte fuer Geistesfreiheit sehr wenig Verstaendnis. Urspruenglich arbeitete der Orden in folgenden drei Graden: 1. Grad: Novize 2. Grad: Minerval 3. Grad: Erleuchteter Minerval Ueber diesen Graden stand der Areopag mit Weishaupt als Ordenspraesident. Im Februar 1777 wurde Weishaupt von der Freimaurerloge "Behutsamkeit" in Muenchen als Mitglied aufgenommen; doch unter den Mitgliedern beschaeftigten sich viele, jener Zeit entsprechend, mit okkulten Schwaermereien, was den aufgeklaerten Professor stark abstiess. Mit Eifer studierte er daher die alten Mysterien, um den damals noch unbedeutenden Illuminatenorden auszubauen. Eine eifrige Taetigkeit fuer den jungen Orden entfaltete kurz nach seiner Aufnahme der Freiherr von Knigge. Dieser begeisterte Illuminat fuehrte dem Orden einige einflussreiche Maenner zu. Dieser verbreitete sich rasch und ueberfluegelte nach kurzer Zeit alle aehnlichen Gesellschaften. Im Auftrage des Areopags vollendete von Knigge die Konstitution. Der Freiherr bearbeitete ferner die Rituale der verschiedenen Grade und fuehrte in der zweiten Klasse die Freimaurergrade ein. In drei Abteilungen bearbeit ete der Orden folgende Grade: I. Klasse: Pflanzschule 1. Grad: Novize Vorhof 2. Grad: Minerval II. Klasse: Blaue oder symbolische Maurerei 3. Grad: Illuminatus minor (kleiner Illuminat) bearbeitet die drei Johannisgrade der Freimaurerei: Lehrling, Geselle, Meister. Rote oder Andreas-Maurerei (Schottengrade) 4. Grad: Illuminatus Major (Grosser Illuminat) oder schottischer Novize. 5. Grad: Illuminatus dirigens (dirigierender Illuminat oder schottischer Ritter). III. Klasse: Mysterien oder mystische Maurerei (Kapitelgrade) 6. Grad: Priester Illuminat Magistergrade 7. Grad: Regent oder Prinz Illuminat 8. Grad: Philosophischer Magus Ordensdirektorium 9. Grad: Koeniglicher Direktionsgrad. Die hoechste Stufe bildete der Areopag, dem die Nationalobern unterstellt waren. Die verschiedenen Laender wurden in Provinzen eingeteilt und einem Provinzialobern unterstellt. Dieser wachte mit seinen Konsultatoren ueber die Praefekten. Mit dieser Gliederung fuehlte sich der Orden berufen, die zersplitterte Freimaurerei zu sammeln und unter seiner Fuehrung zu einem einzigen Bunde zu vereinigen. Die Mitglieder bearbeiteten die hoeheren Illuminatengrade in der Loge "Theodor zum guten Rat" in Muenchen, welche als Mutterloge der Illuminatenfreimaurerei gilt, obwohl sie schon vor der Gruendung des Illuminatenordens existierte. Diese Muenchnerloge wurde vom Marquis von Constanza im Jahre 1773 gegruendet. Das Patent erteilte die Freimaurerloge "Royal York" in Berlin und kurz nach der Installierung wurde die Loge auch von der Provinzialgrossloge zu Frankfurt a.M. anerkannt. Etwas spaeter erklaerte sie sich als unabhaengig. Infolge dieser geschichtlich unumstoesslichen Tatsache beteiligten sich die Illuminaten im Jahre 1783 an der Gruendung der Mutterloge des eklektischen Freimaurerbundes in Frankfurt a.M. Der Illuminatenorden hatte grosse Aehnlichkeit mit dem System der strikten Observanz, denn auch er forderte am Anfang seines Bestehens von seinen Mitgliedern das Geluebde des unbedingten Gehorsams. In die hoeheren Grade der Erleuchteten wurden nur Freimaurermeister aufgenommen. Die aeusseren Formen wurden durch eine schriftliche Ordenslehre vertieft. Der Lehrgang, bestehend aus drei Teilen, behandelte folgende Lektionen: I. Teil: Die Wiedergeburt im Geiste, beginnend mit der Selbsterkenntnis. Il. Teil: Der Glaube an die Hoeherentwicklung der Menschheit. (Daseinserkenntnis). III. Teil: Ethische Erkenntnis. Dieser Abschnitt versucht den Willen zu foerdern, das Gute zu erstreben. Zu den grimmigsten Feinden der Illuminaten gehoerte die Gesellschaft der Gold- und Rosenkreuzer, welche in der Zeit von 1750-1790 in Deutschland arbeitete. Mit den Rosenkreuzern des 16. Jahrhunderts hatten diese Namensvettern aber nichts gemein. Unter der Fuehrung von Staatsminister Woellner arbeiteten sie mit allen Mitteln gegen die Erleuchteten. Verdaechtigungen und Verleumdungen wurden ausgestreut und verbreitet. Ein fuehrender Rosenkreuzer, Pater Frank, bearbeitete den Kurfuersten von Bayern so lange, his dieser im Jahre 1784 die gesamte Freimaurerei mit Einschluss des Illuminatenordens in seinen Laendern aufloeste. Die Mitglieder dieser Gesellschaften verloren ihre Staatsstellen. Weishaupt entzog sich im Jahre 1785 der weiteren Verfolgung durch die Flucht ins Ausland. In der freien Reichsstadt Regensburg fand er Schutz bei seinem Ordensbruder Herzog Ernst von Gotha. Dieser ernannte ihn zum Mitglied sciner dortigen Gesandtschaft, und so lebte Weishaupt zunaechst unangefochten. Er wurde Mitglied der dortigen Freimaurerloge "Zum Kompass"; doch seine Feinde liessen ihm keine Ruhe. Mit aller Macht arbeiteten sie gegen ihn. Vergeblich verlangte der Kurfuerst von Bayern seine Auslieferung, denn der Herzog von Gotha war von seiner Unschuld fest ueberzeugt. In dieser Hinsicht blieben die Bemuehungen seiner Gegner erfolglos. Doch um seinem Goenner weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, reiste der gebrochene Mann nach Weimar, wo ihn sein Freund, Herzog Karl August, zum fuerstlichen Rat ernannte und ihm ein sicheres Asyl gewaehrte. Der Zerfall des Ordens war aber nicht mehr aufzuhalten. Der Nachfolger des Kurfuersten von Bayern rehabilierte Weishaupt, indem er ihm eine Pension zusprach und ihn im Jahre 1808 zum auswaertigen Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannte. Weishaupt starb 1830 in Gotha, wo er in Ruhe die letzten Tage seines wirkungsreichen Lebens verbrachte. Seine vier Soehne bekleideten im Staatsdienste sehr hohe Stellen. Nach dem Tode von Weishaupt lebte der Illuminatenorden nur noch in der Tradition verschiedener Familien. Man mag ueber den alten Illuminatenorden denken, wie man will, die Tatsache, dass er als Kulturbringer fuer die Menschheit Grosses geleistet hat, ist nicht zu bestreiten. Seine Mitglieder waren achtbare Kaempfer fuer die Freiheit des Geistes. Heute duerfen wir mit Stolz auf sie zurueckblicken! Im Jahre 1896 gruendete der Schriftsteller Leopold Engel den neuen Illuminatenorden, der sich von scinem Vorgaenger ganz wesentlich unterscheidet. obschon er vieles von ihm uebernommen hat. Nur wenig Eingeweihte kennen die Ziele und Einrichtungen des neuen Ordens. Sehr umstritten ist seine Stellung zur Freimaurerei, denn waehrend er anfaenglich selbst Logen gruendete und in maurerischen Graden arbeitete, ist er spaeter sehr stark von ihr abgerueckt. Leopold Engel war selbst aktiver Freimaurer. Als Mitglied der Johannisloge "Adam Weishaupt zur Pyramide" im "Orient Berlin-Schoeneberg" war er Mitbegruender und Praesident der freiarbeitenden Johannislogen. Diese Vereinigung war mit dem Illuminatenorden sehr eng verbunden und beide hatten "Das Wort" als gemeinschaftliche Bundeszeitung. Nach Artikel 1 der Gruendungsbestimmungen konstituiert und gruendet der neue Illuminatenorden selbststaendig Johannis- und Andreaslogen. In die hoeheren Grade, heisst es woertlich, werden nur Freimaurer Meister aufgenommen. Im Jahre 1902 gab es eine Ordenstrennung: ein Teil der Mitglieder unter der Fuehrung von Th. Reuss gingen eigene Wege. Aus dieser Spaltung ist ein starker amerikanischer Zweig hervorgegangen. Die Oberbehoerde dieser Gruppe in Amerika nannte sich nationale Grossloge von Atlantis. Dieser Illuminaten-Freimaurerbund will alle geistig strehenden Maenner arischer Rasse unter den Freimaurer Symbolen sammeln, um mit ihnen das Reich Gottes auf Erden zu begruenden. Im Dienste des Menschentums soll geistig dem hoechsten Wesen ein Tempel gebaut werden. In diesen Illuminatenkreisen wird es entschieden abgelehnt, sich den andern Freimaurerorganisationen anzugliedern. Die fuehrenden Mitglieder sind der Ansicht, der Orden sei durch seine Abstammung vollkommen regulaer. In Deutschland ist der Zweig von Th. Reuss spater wieder eingegangen. Das offizielle Organ der Illuminaten berichtet darueber: "Im Laufe der Zeit haben im Illuminatenorden mehrere Reorganisationen stattgefunden. Die frueheren Werke besitzen daher nur noch historischen Wert. Der Orden steht in Verbindung mit den Freimaurern in Frankreich, England und Amerika." Am 18. Januar 1903 wurden neue Satzungen aufgestellt und die Grade des Ordens umgearbeitet und vereinfacht. Der Bund wurde im Vereinsregister eingetragen und bearbeitete noch folgende Grade: 1. Grad: Novize 2. Grad: Minerval 3. Grad: Magus 4. Grad: Grossmagus 5. Grad: Kleiner Illuminat 6. Grad: Grosser Illuminat 7. Grad: Dirigierender Illuminat. Wie die Freimaurer tragen die Illuminaten bei ihren Arbeiten und Befoerderungen als Zeichen der Arbeit die weisse Schuerze. Dem Grade entsprechend ist dieser mit farbigen Baendern und Rosetten verziert. Auf der Brust tragen alle Brueder den goldenen Ordensstern. (Hexagramm.) Wie frueher, erteilt der Orden schriftlichen Unterricht ueber Selbst- und Gotteserkenntnis. Die Mitglieder werden angehalten, sich nicht mehr vom blinden Zufall treiben zu lassen; sie sollen sich bemuehen, das Glueck in ihrer eigenen Seele zu suchen. Durch innere Einkehr soll jedes Mitglied sich auf das jenseitige Leben vorbereiten. Politische Diskussionen werden nicht geduldet. Jedes Mitglied erhaelt bei seiner Aufnahme einen eigenen Brudernamen. Im Jahre 1925 wurde der Orden nochmals neu organisiert und zu einem Weltbunde erweitert. Der Bund verfolgt den ausgesprochenen Zweck, seine Mitglieder zu freien, selbstbestimmenden Persoenlichkeiten zu entwickeln. Sitz der Bundesleitung war Berlin. Zum Praesidenten wurde Leopold Engel gewaehlt. Die Lehrbriefe wurden ebenfalls neu bearbeitet. Ein systematischer Lehrgang beschreibt dem Schueler, wie Neigungen und Leidenschaften entstehen und wie diese je nachdem gefoerdert oder besiegt werden koennen. Bei genugender Anzahl bilden die Mitglieder sogenannte Ortssynoden, welche nach feststchendem Ritual arbeiten. Der Leiter einer Minervalsynode heisst "Magus des Lichtes". lhm zur Seite stehen der Schriftfuehrer und der Schatzmeister. Groessere Synoden waehlen noch den Zeremonienmeister, den Redner, den Almosenpfleger und den Vorbereiter. Sieben Mitglieder im Grossmagusgrade sind berechtigt eine Grossmagussynode zu bilden; sie beduerfen aber der Zustimmung des Kustosamtes. Die einzelnen Laender sind einem Provinzial unterstellt. Dem Kustosamte direkt unterstellt sind die Einzelmitglieder. Drei Einzelmitglieder an einem Ort bilden einen Stern; sieben koennen eine Synode eroeffnen. Die Beamten des Kustosamtes heissen: Kustos, Ordenskanzler, Praefekt, Grossschriftfuehrer, Grossschatzmeister und Grosszensor. Nach dem Tode von Leopold Engel (Theophrastus) 8. November 1931 wurde im Oktober 1932 Julius Meyer (Marius) zum Nachfolger gewaehlt, doch nur kurze Zeit sollte dieser dem Orden vorstehen. Im Jahre 1933 wurde der Orden in Berlin auf Antrag des Praefekten Dr. H. Teumer, (Theobald) Chemnitz, aufgeloest. Das Material wurde etwas spaeter von der nationalsozialistischen Polizei beschlagnahmt. Zunaechst begruendeten die Vertreter von Oesterreich und der Schweiz im Jahre 1933 in Wien den neuen Areopag und vereinigten sich zu einer Arbeitsgemeinschaft, so dass das geistige Erbe vorerst gerettet wurde. Nachdem Oesterreich, entgegen den Ordenssatzungen den Arierparagraph einfuehrte, trennten sich 1935 beide Teile. In Oesterreich wurde den Juden der Zutritt zum Orden verboten; auch die Zugehoerigkeit zu einer Freimaurerloge war nicht mehr gestattet. Ganz einseitig, ohne das Kustosamt von Helvetien anzufragen, waehlte der oesterreichische Zweig einen Grossmeister. Nach dem Anschluss Oesterreichs an Deutschland wurde der Orden aufgeloest. In der Schweiz konnte er sich wegen diesen Umstaenden nicht mehr stark ausbreiten. Nur wenig Mitglieder bewahrten dem Illuminatismus ihre Treue. Das Kustosamt von Helvetien ist im Besitze des geistigen Ordensgutes, so dass der Orden spaeter wieder aufbluehen kann. Mit der franzoesischen Sekte der Illuminés ist der Illuminatenorden zu Unrecht verwechselt worden: er hat mit dieser niemals etwas zu tun gehabt. Weder der Graf de Saint Germain, noch Cagliostro (Balsamo) waren Mitglieder des Illuminatenordens; es eruebrigt sich, mehr als diese Tatsache festzuhalten.