Documenta et Ritualia Fraternitatis Saturni Fra.·.Johannes: Das Mysterium der Geschlechter
"Blätter Für Angewandte Okkulte Lebenskunst", Heft 23, Berlin
Februar 1952 [Faksimile in In Nomine
Demiurgi Saturni 1925-1969, München 1998,
100-103.]
Die Einheit des göttlichen Funkens stieg in die Materie und wurde zur
Vielheit. Die Vielheit barg in sich die Verschiedenartigkeit, und aus
der Harmonie wurde Kampf - der Kampf um das Leben.
Durch alle Lebensformen zeigt sich dieser Aufstieg des Geistes in den
Phasen einer rhythmisch-zwiespältigen Entwicklung in dem Weltdasein der
Gegensätze. Vom Urzustand der Materie bis hin zu den grossen
Weltbildern des Denkens, in den grossen sozialen Kämpfen, im Ringen des
Einzelnen um sich selbst, zeichnet die Lebenslinie ihren Aufstieg in
das Chaos. Diese Zwiespältigkeit wirkt sich am stärksten beim Menschen
aus in dem Gegensatz des männlichen und weiblichen Prinzipes, und
deshalb spricht man von einem Mysterium der Geschlechter. In beiden
Prinzipien ist das Geheimnis des Lebens verkörpert. Mann und Weib zum
Gegensatz verdammt und doch zum Einklang berufen.
Tiefe Fragen und Probleme knüpfen sich an diese Tragik des Menschen!
Wir alle leiden mehr oder weniger an dieser Zwiespältigkeit. Der neue
Zeitimpuls verschärft den Kampf der Geschlechter und wir müssen als
Esoteriker versuchen, einen Weg zu finden aus diesen Gegensätzen, Engen
und Bindungen.
Die wissenschaftlichen Richtungen glauben das Geheimnis einfach gelöst
zu haben, indem sie die Existenz der Seele leugnen und die
Menschengeburt und das ganze Menschenproblem einfach auf mechanische
Ursachen zurückführten, und die Gegensätzlichkeit wird aus
Strahlungsdruck, Drüsentätigkeit, Hormonerzeugung oder durch andere
Schlagworte erklärt. Staats- und Volkswohl, Sittlichkeit und Moral,
Libido und Ethik, und so viele andere Deckmäntel dienen für das
ungelöste Mysterium; alles sind Wege zur Lüge oder Selbsttäuschung. Das
Leben aber geht hinweg über diese so unfruchtbaren Spekulationen
menschlichen Denkens.
Der Esoteriker aber soll und will Erlebnismensch sein. Er ist geistes-
und seelengläubig; er will das Mysterium und sein Geheimnis erleben!
Warum ist nun der Mensch in Hunger und Brunst und in der Todesangst so
sehr am leiblichen Leben verhaftet? Wieso wird aus dem
seelisch-raumlosen Absolutum die Welt der Gestaltung, aus Unbewusstem
helle Schau des Geistes? Warum aus Einsamkeit ein Liebesbund und aus
leidvollem Zwiespalt harmonischer Einklang? Wozu spalten sich die Wesen
in Mannheit und Weibheit, bald als Zwitter, bald als sehr einseitig
gleichgeschlechtliches Wesen auftretend, bald bipolar sich veranlagt
zeigend? Wozu wird der Umlauf in Stoffwechsel, Tod und Zeugung immer
wieder zurückgelegt, wozu immer neue Wesen in die Welt des Sterbens
gerufen? Alles Fragen, welche wissenschaftlich niemals restlos
beantwortet werden können, wenn man nicht die Esoterik zu Hilfe nimmt
und ein höher gelagertes Weltbild. Es ist eine Dreispaltung im
Geschlechtlichen zu erkennen als erste Grundbasis:
- Formung in dem Mannwesen als Befruchter, Lebenskämpfer, Geliebter.
- Formung in dem Weibwesen als Gebärerin, Hegerin, Geliebte.
- Formung im Übersexuellen im Eros als Hermaphrodit.
Dazwischen liegen die Stufen einer Gleichgeschlechtlichkeit und der
Bisexualität.
Von wo soll nun die Entwicklung ausgehen und die Arbeit an sich bewusst
einsetzen? Wo liegt die Wahrheit, wo der Weg, wo das Ziel? Es ist in
jedem Menschen der Wunsch nach Einheit, und doch ist im
Geschlechtlichen immer wieder der Kampf der Gegensätze. Seit
Jahrtausenden sehnt sich der Mensch nach dem Wissen um das Eine, um den
Urgrund der Harmonie.
Als nächstes Ziel, das erreicht werden kann, können wir uns zunächst
über die Triebhaftigkeit einer einseitig betonten Sexualität
hinwegstellen und die beiden bisher getrennten Pole in uns vereinigen.
So wäre die Gegensätzlichkeit zu überwinden und führt durch
Bisexualität im höheren Sinne dann zum Eros, zum übergeschlechtlichen
Erleben und somit zum Hermaphroditentum. Als höchstes Ziel liegt die
dadurch zu erzielende Hochpolung menschlichen Geistes unter Abwerfung
des gesamten Ballastes der sexuallen Empfindungen und Betätigungen.
Bei den weiteren Betrachtungen müssen wir die fünfsinnige Tätigkeit
beiseite lassen, sowie alle sich widersprechenden Spekulationen
materieller Art, alle Widersprüche menschlicher Forschung und vor allem
die landläufigen Moral- und Ethikgesetze. Es heisst, in die Tiefen der
Seele zu tauchen, in ihr die Wirklichkeit zu entdecken, die Offenbarung
des Daseins, in ihr erleben die Geschlechtslosigkeit des wahren Ichs.
Es ist der Weg zum Ego selbst. Durch Überwindung der körperlichen
Gegensätze werden wir die Wirrwarrwelt der Widersprüche und Gefühle
nach und nach erkennen. Dann können wir in die Klarwelt der Harmonie
gelangen. Es gilt also in uns allmählich den absolut geschlechtslosen
Eros zu entwickeln, aber nicht durch einseitige Askese, sondern durch
harmonische Angleichung der männlichen und weiblichen
Geschlechtsempfindungen, die in jedem Menschen ineinander gelagert
liegen. Dann tritt über eine harmonische Lustempfindung beider
Einpolungen nach und nach eine immer mehr subtilere Lustschwingung und
dann eine sehr feine geistige Erotik an Stelle des früheren
grobsexuellen Triebempfindens.
Demnach kann nur jede Individualität für sich die Wahl treffen, welchen
Weg sie gehen will. Das Ziel ist also Befreiung vom Triebsexuellen und
die Bindung der männlichen und weiblichen Energien in einer Form, in
einer Empfindung.
Eine alte ägyptische Esoterik sagt: "Das Himmelreich wird erst dann
kommen, wenn Zwei EINS sind, das Männliche und das Weibliche so sind,
dass es beides nicht mehr gibt." Der praktischen Wege dazu sind
viele und sie liegen fast alle mehr oder weniger auf dem Gebiete einer
subtilen Sexualmagie. Harmonie ist der Zusammenklang zweier oder auch
mehrerer Menschen in eine Form oder in eine Empfindung. Also lässt sich
dieses Bestreben auch in der sexuellen Sphäre verwirklichen durch ein
gemeinsames Sexualerlebnis, um dadurch das übliche Niveau des Tieres im
Sexus zu überwinden. Das ist der sexual-magische Weg. Übergelagert ist
natürlich der mystische Weg einer psychisch-geistigen bipolaren
sexuellen Schwingung, die der organischen Betätigung überhaupt nicht
mehr bedarf. Auch hier wird die hohe magische Tendenz dann erreicht,
das Lösen und Binden, das Geben und Empfangen, und kann das ausgebildet
werden im Körperlichen, im Seelischen und im Geistigen.
Erst auf dieser Grundlage ist eine wahre Freundschaft möglich und das
einseitig betonte zwiespältige Sexualleben ist überwunden, denn auf
dieser Freundschaftsbasis besteht keine egoistische Forderung und kein
Besitzrecht mehr. Jeder gibt sich frei im Schenken und Geben. So muss
man sich so steigern können, dass Weib- und Mann-Empfindungen möglich
sind je nach der Art des Partners, ja wenn es nötig ist und zur Freude
gereicht, im gleichgeschlechtlichen oder bisexuellen Überschwang. Dann
gleichen sich die Gegensätze aus.
Hier liegt das Geheimnis einer festgeschlossenen Menschenbruderkette,
das Geheimnis der Kraftwirkungen magischer Logen, weil die Brüder und
Schwestern tatsächlich auf der Gefühls- und Sinnesbasis geeint und
verbunden sind, eine geschlossene Form bilden und somit erst recht im
Stande sind, sich zu einem gemeinsaen seelischen Impuls zu vereinen
aufgepolt bis zum Aussenden ganz gewaltigen Kraftwillens, der durch
Formbindung von Körper, Seele und Geist erreicht wird. dann sind die
Energien weiblicher und männlicher Kräfte zu einer harmonsichen
Synthese in sich vereint, gemeinsames Geschlechtserlebnis, gleich in
welcher Zahl, gleich in welcher Zusammensetzung, eint ungeheuer. Es
überbrückt die Gegensätze, denn im Sexuellen ist der Mensch wirklich
hemmungslos und hier darf er es sein im überströmenden harmonischen
Geben und Verschenken.
Bei den eingeweihten Verbindungen sind ja derartige Inscenierungen nur
möglich im kultischen Sinen und auf diese Weise nur noch hochgepolter
und erlebnisreicher, denn es wird immer wieder betont, das Ziel liegt
höher, nicht etwa in sexueller Erlebnissteigerung nur zum Zwecke des
Genusses, sondern zur Verfeinerung, zur Sublimierung der Empfindungen,
zur Befreiung vom Tiermenschentum.
Auf höherer Basis entstehen dann Menschen, in denen magische Macht
gleich gross und stark wirkt auf Mann und Weib, denn ihren
Ausstrahlungen liegt ein bisexuelles Empfinden zu Grunde, sogar ein
wahres Hermaphroditentum, wie es bei Jesus oder Buddha der Fall war.
Das geistige Ziel wäre also, nach und nach aphroditische Schwingungen
in hermaphrpditische Empfindungen zu wandeln und somit das Mysterium
der Geschlechter zu lösen und zu überwinden.
Es muss also gefordert werden, ein allmähliches Vergeistigen des
Körpererlebens, ferner ein Erkennen der Gegensätze in uns und ein
bewusstes Überbrücken, und dann bewusst das Gegensätzliche erleben in
Harmonie, um sie auszugleichen.
Beim Tiermenschentum steht hinter dem Sexualerlebnis der
Geschlechtshass, worüber schon früher gesprochen wurde. Beim Esoteriker
steht hinter dem Geschlechtserlebnis die geistige Hochpolung, die
magische Verschmelzung, der harmonische Ausgleich. So wird der
triebhafte Sexus überwunden. Wir lernen im Liebeserleben viel seelisch
betonter werden, viel mehr gütiger sein. Vor allem das Mannwesen hat
diese Polung sehr nötig. Wenn z.B. ein Mann erst einmal praktisch
gelernt hat, zu dem Weibwesen, das sich ihm gegeben hat, besonders nach
dem Akt sehr zärtlich und gütig zu sein, so wird er an den Erfolgen,
an dem seelischen Aufblühen der Partnerin selbst sehen, wie
richtig diese Lehren sind. Wer z.B. das erste Mal praktisch den Akt der
Hingabe zweier in Liebe verbundener Menschen freundschaftlich beiwohnen
kann, der wird über die Herrlichkeit des Erlebens glücklich und tief
beeindruckt sein und staunen über die Tiefe seines Miterlebens. In der
Magie kommt dieses genannte Prinzip auch stark zum Ausdruck. Einmal ist
der Magus das Kraftzentrum, der Beherrscher, der Gebende, der Schöpfer,
und zum anderen ist er wieder Schaale [sic], ein Empfangender. Einmal
wirken in ihm vorherrschend die männlich-energetischen Kräfte, und dann
wieder stärker die weiblichen sich negativ einstellenden Schwingungen.
Erst derjenige ist ein wahrer Magus, der beide Kräfte in sich
beherrscht und mit ihnen beliebig arbeiten kann.
Das höchste Ziel ist aber nun, allerdings für wenige erreichbar in
einem Zeitalter, völlig auf allen drei Ebenen geschlechtslos im
Empfinden und im Denken zu werden, das über den Hermaphrodismus darüber
stehende wahre Gottmenschentum, welches in sich in dieser Beziehung
absolut neutral gelagert ist. Auch der heilige Eros schweigt dann und
beide Urprinzipien sind in sich verschmolzen zu einer synthetischen
Geistigkeit als Form und als göttlich reines Prinzip der Liebe.
Liebe ist das Gesetz !
Liebe unter Willen !
Mitleidlose Liebe !
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Vortrag des Frater Johannes im Gradus solis der Loge im 3. Jahre d.E.
[1931?]
In Nomine Demiurgi Saturni 1925-1969 First installment of 400 pages of saturnian documents
In Nomine Demiurgi Nosferati 1969-1998 Another 400 pages dealing with the History of the F.S.
In Nomine Demiurgi Homunculi Further 420 pages about the F.S.
Context: Peter-R. Koenig: Der O.T.O. Phänomen RELOAD
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